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LAGOS – BALEEIRA – SINES – SESIMBRA – LISBON

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(…es regnet, es regnet und es regnet!)

5 Etappen in 6 Tagen mit sehr unterschiedlichen Abständen.

ALVOR -> LAGOS: 5 Seemeilen
LAGOS -> BALEEIRA: 15 Seemeilen
BALEEIRA -> SINES: 64 Seemeilen
SINES -> SESIMBRA: 34 Seemeilen
SESIMBRA -> LISSABON: 29 Seemeilen

Nein, wir sind nicht im Reisefieber.

Nein, wir sind nicht vom Heimweh geplagt und rasen nach Hause.
(Heidi says: Nein, überhaupt nicht…!!!!?)

Nein, wir haben es nicht wirklich eilig.

ALVOR am Abend

ALVOR am Abend

Aber ja, wir werden vom Wetter getrieben. Täglich, als erste Tat nach dem Aufstehen wird das Wetter studiert. Für den Tag und die Folgetage. Nicht, das ich dadurch das Wetter wirklich verstehen würde, aber man bekommt ein Gefühl für die Entwicklung, die die Aktivitäten im Himmel und auf See so nehmen werden.

Und so kommt es, das wir unser Wetterfenster für den Marsch nach Norden klar im Voraus sehen und uns danach richten können. Denn nach jahrelangem Westkurs geht es jetzt stramm nach Norden – und dann sogar wieder nach Osten. Was für eine Umstellung für unseren Kompass…

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FADO in einem Restaurant in ALVOR

Am 30. April 2016 (Samstag) verlassen wir gegen auflaufend Wasser unseren schönen Ankerplatz vor ALVOR. Der FADO Abend war recht schön – wir sind nur unsicher, ob das denn auch wirklich FADO „pur“ war. So traurig und sentimental war das doch gar nicht?
Die Sandbänke sind noch gut zu sehen und nur einmal denke ich, verdammt wenig Wasser hier! Die sehr kurze See-Etappe nach LAGOS ist dem Wassermachen vorbehalten. Also dem Trinkwasser-Wassermachen im speziellen. Denn zum einen muss der Wassermacher mal wieder laufen, um nicht zu vergammeln, zum anderen sind unsere 5-Liter Kanister alle leer. Statt Neue zu kaufen, füllen wir die auf See und sparen uns so das Schleppen und den Plastikmüll

In die Marina von LAGOS kommt man nur, wenn eine Personenbrücke hochgeklappt wird – vom Marina-Büro aus. Die kommen aber erst um 09:00 Uhr zur Arbeit und so warten wir geduldig am Empfangsponton vor der Brücke.
Die Marina selbst, na ja, OK so. Auf 400 Meter kommen zweigeschossig 10 Restaurants und Bars für alle Geschmäcker. Auch OK, ebenso die umgebenden Ferienwohnungen. Aber die Besonderheit von LAGOS liegt eher im Stadtkern, den man mit 10 Minuten Fußmarsch gut erreicht – allerdings hat NEPTUN vor dem Vergnügen die Verproviantierung gesetzt und es wird der nächste Supermarkt See-Fachmännisch geentert. Die Einkaufs-Eupohorie beschert einen vollen Einkaufswagen, dessen Inhalt wir unmöglich zum Boot schleppen können. Nach etwas Palaver organisiert der Supermarkt freundlicher Weise ein Taxi und wir werden nach Hause kutschiert. Ein saftiges Trinkgeld kaschiert die kurze Fahrt und macht den Fahrer glücklich.

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Platz in LAGOS – Treffpunkt für Strassenmusiker

Später erkunden wir den Ort, sitzen an einem Marktplatz und lauschen einem jungen Straßenmusiker mit Gitarre und toller Stimme. Unter anderem eine sehr gute Interpretation von NEIL YOUNG´s „HEY HEY, MY MY (INTO THE BLACK)„. Ich bin erstaunt wie textsicher ich noch bin und Heidi meint grinsend „…trau Dich, geh´ doch hin!“. Ähm, lieber doch nicht. Lieber leise vor sich hin murmeln „Rock´n Roll will never die“ oder auch „It´s better to burn out than to fade away“.

Am nächsten Tag (1. Mai 2016) dann mit dem Zug nach LISSABON, um unsere Freunde zu besuchen. Lange Fahrt, viel grüne Landschaft, noch mehr Buchseiten und ein herrlich leckeres Mittagessen in der Hauptstadt .

Am Abend dann zurück. Wirklich ein Glück, das der Bahnhof von LAGOS direkt, also wirklich direkt neben der Marina liegt. Das schaffen selbst Fußkranke Hauptstadt-Touristen am späten Abend. Über LISSABON kommt demnächst noch ein eigener Beitrag – schließlich erkunden wir die Stadt ja noch ausführlich, wenn die Sonne mal wieder scheint!

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BALEEIRA von oben

Montags wie geplant dann 15 Seemeilen nach BALLEIRA. Eigentlich kein Hafen, schon gar nicht für Yachten, sondern eine lange Kaimauer ins Meer, hinter der sich die zahlreichen Fischerboote verkriechen können. Ferner eine kleine Pier zur Anlandung des Fangs. Erstmals sehen wir hier auch Muschelfarmer, die mit flachen Arbeitsplattformen, Katamaran-ähnlich, die Netzte voller Muscheln abbergen und dann im Hafen ab-ernten.
BALLEIRA gefällt uns super. Das ist unserer Welt! Jede Menge Fischer, ganz wenig Touristen und eine tolle Landschaft. Eigentlich soll man außerhalb der Mole ankern, das ist uns aber ob des aus Süd-setzenden Schwells viel zu ungemütlich. Daher nehmen wir mutig eine Fischer-Mooring im Hafen und klären später mit den offiziellen im Fischereigebäude, ob wir das auch dürfen. Für eine Nacht ist das kein Problem und sogar kostenlos. Ich bin so begeistert darüber das meine Spende für die Kaffee/Bierkasse so groß ausfällt, das Heidi leider nicht sprachlos bleibt, sondern viele Worte für mein (angeblich!) „unvernünftiges Handeln“ (ausdrücklich kein O-Ton, sondern stark von Autor geschönt) findet.
Egal – in der ersten Etage des Fischereigebäudes befindet sich eine Art Kantine für die Fischer, die aber auch Gästen offen steht. Hier bekommt man Berge von fangfrischen Sardinen und Makrelen  gegrillt, mit Kartoffeln und Salat. Ganz rustikal. Mit Weißwein. Für so wenig Geld, das jede Diskussion darüber sinnlos wird.

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Hier gibt es denn auch ein Kamel im Logo, das wir im Auftrag einer soeben 50 gewordenen Kölnerin in LAGOS finden sollten. Umgezogen oder Kette? Auf einer Art „Strandwerft“ sehen wir einen beeindruckenden Selbstbau-Katamaren, kommen aber leider nicht näher ran, weil zwei Hunde an einer Kette meinen, das Teil verteidigen zu müssen.

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Am nächsten Morgen ganz früh aufstehen (05:30 Uhr) und Wetter studieren. Heute weiter oder noch einen Tag warten – das ist die große Frage! Eigentlich sieht es segelwind-technisch für Mittwoch besser aus, aber durch das MEHR an Wind ergibt sich auch ein MEHR an Windsee die gegen den alten Schwell läuft und so für chaotische Wellen sorgt. Und das am ohnehin berüchtigten CABO DE SAO VINCENTE.

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CABO DE SAO VINCENTE

Also verlassen wir BALLEIRA bei Sonnenaufgang und laufen anfangs unter Maschine um das Kap herum. Was für ein majestätischer, laaaannnnnnngsaaaaaammm gezogener Schwell. Man fährt bergauf und bergab, nur für eine kurze Zeit kommt diese Wellenbewegung aus unterschiedlichen Richtungen und wird chaotisch. Der Skipper betont gegenüber seiner vollzählig Deck erschienenen Mannschaft: An dieser Stelle der Erde möchte er nicht bei viel Wind (>20 Knoten) sein!
Später können wir bei strahlend blauem Himmel Motorsegeln, die Windvorhersage passt heute nicht so richtig. Statt angesagtem gut segelbaren Ostwind kommt er aus Nord-Nord-Ost und später auch stärker als gedacht. Aber er bläst halt nicht lange genug, um ernsthafte Windsee aufzubauen und so erreichen wir nach einem sehr langen Tag am frühen Abend den Hafen von SINES. Weil fest steht, das wir am nächsten Morgen weiter gehen werden, legen wir uns im inneren Hafenbecken direkt vor der Marina komfortabel auf Anker und verbringen eine sehr ruhige Nacht.

Anker vor SINES

Anker vor SINES

Mittwoch (4/5/2016) weiter nach SESIMBRA.

Die „Eile“ hat ihren Grund. Zum einen zeichnet sich sehr sicher ein Sturmtief für das Wochenende ab. Das bringt zwar ordentlich segelbaren Südwind, aber eben auch Windsee gegen Schwell (der von Norden oder Nord-West kommt). Die nachfolgenden Tabellen vom spanischen Wetterdienst zeigen das recht eindrucksvoll. Nicht notwendig, nicht komfortabel, nix für uns.

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to_lisbon_0270Quelle: MAXSEA Grib-Viewer für Sonntag, den 8. Mai 2016

Quelle: MAXSEA Grib-Viewer für Sonntag, den 8. Mai 2016

 

Zum anderen müssen wir auch nicht jedes Provinznest ausführlich besuchen – wo doch LISSABON lockt?

Auf dem Törn nach SESIMBRA liefern wir uns offenbar ein Rennen mit einer Regenfront. Denn zunächst segeln wir gut, dann ist der Wind recht schnell weg und wir starten den Brüllaffen, laufen eine Weile unter Maschine, der Wind kommt wieder, setzten Segel, stoppen die Maschine und segeln bis, ja, bis der Wind wieder einschläft.
Und dann das ganze wieder von vorne. Ganz unterhaltsam und arbeitsintensiv. Nur keine Langeweile aufkommen lassen.
Der Törnführer behauptet, der örtliche Yachtclub habe keinen Platz für Gastboote – das ist aber um diese Jahreszeit nicht richtig. Locker 20 freie Liegeplätze, aber kein Mensch zu sehen, kein Mensch am Funk. Wie sich heraus stellt ist der 4. Mai 2016 ein lokaler Feiertag.

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In der entfernten Stadt gibt es einen Marsch und Gottesdienst und über der Bucht werden ca. eine Stunde Lang permanent gewaltige Böller in den Abendhimmel geschossen. Kein Feuerwerk, einfach nur sehr viele Bum-Bum´s. Die Vögel verstehen den feierlichen Anlass offenbar nicht und verlassen fluchtartig das Gelände. Ein paar Fischer treiben vor der Zeremonie herum in der Bucht. Recht merkwürdiger Feiertag.

Und wie schon die beiden Tage zuvor. Am nächsten Morgen früh´ Aufstehen, Wetter studieren (kaum Wind, aber dafür Regen) und bei Tageslicht Leinen Los!

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Als wir am Donnerstag, den 5. Mai 2016 am späten Vormittag in den Fluss TEJO einlaufen und LISSABON ansteuern, kann man vor regentrüben Wetter kaum sehen, es ist kalt und abscheulich ungemütlich. Immerhin passt unser Timing und wir haben auflaufend Wasser, was uns locker 8,5 Knoten Fahrt beschert. Wir passieren die „Brücke des 25. April“  und haben diesmal nicht den geringsten Zweifel, das wir darunter passen 😉 (In Flussmitte 70 Meter Durchfahrtshöhe)

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Die kommunalen Marinas sind über Funk nicht erreichbar – merkwürdige Funkstille und unsere eMails vom Tag zuvor können nicht zugestellt werden. Wie im Buch angedeutet – man will hier keine Gastyachten haben. So laufen wir also den Fluss weiter hoch zur Marina auf dem alten EXPO Gelände.
Laut Törnführer soll alles super da sein…
…na ja. Es gibt in der Einfaht ein Schleusensystem, das aber tagsüber immer auf Durchfahrt geschaltet ist. Wir werden von einem Marina-Mitarbeiter im Schlauchboot auf dem Fluss abgeholt und er macht den Führer. Als wir um Haaresbreite fast die Schleusenkammer touchieren verstehen wir, warum: Sehr, sehr fiese Querstömungen in der Einfahrt und im Marina-Becken. Immerhin, so ein kleiner Aufreger verdrängt jeden Gedanken an Nässe, Kälte und Ungemütlichkeit.

Wir sind sehr stolz auf uns, das wir die vergangenen Passagen so gut hinter uns gebracht haben und den großen Meilenstein „LISSABON“ ohne schlechtem Wetter erreicht haben. Jetzt ist erst mal „Boot-schrauben“ und „Urlaub“ angesagt.

Ganz kurz dazu:

„Boot-schrauben“: Wir wollen am Montag mal wieder in den Kran und das hintere Wellenlager (Hartgummi, Wasser-geschmiert) überprüfen (lassen). Nach meiner Meinung macht die Welle deutlich mehr „rumpel-Geräusche“ als früher und ich befürchte, das dieses Lager erneuert werden muss. Das möchte ich vor der BISKAYA Passage zu 100% in Ordnung wissen.

„Urlaub“: Eine Tochter samt Enkel kommt für eine Woche zu Besuch. Wir freuen uns darauf – und geben alles, um „Boot-schrauben“ vorher erledigt zu haben und, noch viel wichtiger, die Sonne zur Rückkehr ermuntern zu können!

Soweit der Törnbericht.

(Einen Tag später: es regnet, es regnet und der Regen macht alles und jeden sehr nass!)

Peter.


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