So Typen wie ich es einer bin wäre dieser Ort gänzlich unbekannt geblieben.
Kulturell höher entwickelten Menschen, wie etwa Heidi, war dieser Ortsname natürlich schon immer ein Begriff. Logisch, keine Frage. Heidi kennt jeden Pilgerort aller Religionen, selbstverständlich auf allen Kontinenten.
Also jedenfalls fast. Also zumindest diesen! Schließlich hat sie (logisch!) den Bestseller von HAPE KERKELING „ICH BIN DANN MAL WEG“
gelesen. Und als während unserem letztem Weihnachtsurlaub dessen Verfilmung mit dem sensationell authentisch aussehenden und spielenden DEVID STRIESOW in die Kinos kam, wurde auch mir dieser Ort sehr unterhaltsam näher gebracht.
Also nicht nur der Ort, sondern auch der übliche Weg dorthin. Was ich aus diesem Film mitgenommen habe ist:
1) Der Weg ist das Ziel (…war mir aber auch schon vorher klar!)
2) Alkohol hilft auch beim Wandern (…jedenfalls am Abend nach der Tagestortour)
3) Wer Frauen auf dem Weg kennen lernen will, muss sich als Schwul outen (…oh, wie doof ist denn das?)
Nun denn, wir sind bekanntlich Segler, keine Wanderer.
Was liegt also näher, das Boot in die Nähe von SANTIAGO DE COMPOSTELA zu navigieren, sich in einen Zug zu setzten und den Ort ohne Plattfüße zu erreichen? Gedacht, getan: Von MOANAS gehen wir nach VILAGARCIA, ganz tief hinten drin in der wunderschönen RIA DE AROUSA.
Von da aus in den Zug, der schnelle Durchgänger braucht 20 Minuten, der Regionalzug 40 Minuten, ist aber mit 4 Euro auch einen Euro billiger als der Schnelle. Wir verlassen den Bahnhof und denken, wir sind falsch ausgestiegen. Statt historischen Bauten in einem kleinen Bergdorf eine ganz normale Stadt?
Aha, so lernt der interessierte Tagesbesucher in der Touristeninformation, wir müssen in die Altstadt. Logisch. Vom Bahnhof aus 10 Minuten zu Fuß, gut bergauf. Das schaffen wir. So gerade.
Es ist kurz vor 10 Uhr und die Stadt, auch die Altstadt, ist angenehm leer. Die Kathedrale beeindruckend im tiefblauen Morgenhimmel. Viel belesenere Besucher erklären uns beim Eingang, das diese Tür nur alle Jubel-Jahre aufgemacht würde. Nun denn, wir schreiten mutig durch diese selten geöffnete heilige Pforte und der Security-Mann im Eingang wirkt auch gleich würdevoller als der im anderen, normalen Eingang.
Im Inneren – phantasievoller Protz, wie wir ihn schon in so vielen Kirchen dieser Welt, gleich welcher Religion, gesehen haben. Wie kann es sein, das die Gotteshäuser immer die besonderen, die aufwendigen sind? Egal ob auf einem pazifischen Atoll, auf einer Indonesischen Insel oder hier in Nord-Spanien?
Die Kirche bietet im inneren tausende tolle Motive für Fotos – und zwar nicht nur auf Augenhöhe. Als historisches Bauwerk sehr beeindruckend. Die große Weihrauch-Show bekommen wir nicht geboten, falsches Timing. Kann man sich aber (so meine ich zu erinnern) um o.g. Film ansehen.
Generell scheint unser Timing nicht gut zu sein. Statt der erwarteten tausenden von Wanderern, oder richtiger Pilger, sehen wir weniger als 100. Schlafen die noch alle? Statt dessen Reisebusse voller Tagestouristen, die wie wir den easy way of sightseeing der harten Pilgertour vorziehen.
Jedem das Seine. In diesem unseren Europa kann schließlich jeder machen was er will. Und dahin pilgern, wo er will. Dieser umfangreiche WIKIPEDIA Beitrag öffnet einem schon mal am Computer die Augen.
Da hätte man ganz schön was zu tun, wollte man die alle besuchen…
Wir strolchen noch ein wenig in der Altstadt herum, besuchen den sehr guten Markt und essen einen gekochten Octopus zum späten Frühstück. Lecker auf galicische Art.
Und dann, so ist abschließend zu berichten, hält uns nichts mehr an diesem Ort. Mittlerweile ist es voll, geschäftig und laut. Zeit, zum STORMVOGEL zurück zu kehren.
Peter.