„rum“ im Sinne von „herum“, nicht im Sinne von „Rum“ – das hätte doch selbst ich trotz chronischer Schreibschwäche mit einem großen „R“ geschrieben…
Bummelig 25.500 Seemeilen haben wir bisher zurück gelegt.
Jetzt, mit Einlaufen in NAZARE (PORTUGAL) am 24. Mai 2016 schließt sich der Kreis. Wir sind einmal rum. Denn am 14. Oktober 2012 haben wir NAZARE mit Kurs MADEIRA verlassen.
Wir wollen uns nicht an das Drama von damals erinnern und müssen es auch nicht. Und für die, die es ganz genau nehmen möchten, sei darauf hingewiesen, das wir bekanntlich eine Abkürzung im INDISCHEN OZEAN genommen haben und für einige daher nicht „rum“ sind. Aber wir fühlen uns wie „rum“ und nur darauf kommt es an.
Jetzt, vier Jahre später ist sowieso alles irgendwie anders. Das Leben an Bord ist nicht mehr so neu und ungewohnt. Der Umgang mit technischen Fehlern routinierter – und, vor allem – wir sind viel sicherer im Umgang mit unserem STORMVOGEL.
Heidi sagt: Eigentlich sind wir und das Boot jetzt in der Lage, um die Welt zu segeln.
Tja, allein, sie möchte dieser Erkenntnis keine Taten folgen lassen und dennoch nach Hause. Also keine neue Planänderung. Wir fahren nach Hause.
Es ist schon erstaunlich, wie wenig sich in vier Jahren ändert. Der Kommunalhafen in NAZARE ist noch etwas mehr herunter gekommen und versprüht so weiterhin seinen rauen Fischereihafen-Charme. Der Hafenmeister findet uns tatsächlich im Computer. Mike und Sally, die beiden Briten die als Dauerlieger im Hafen sich um die Neuankömmlinge gekümmert haben, sind in Rente und leben in der Nähe des Hafens in einem Haus am Strand.
Die Sanitäranlagen sind genauso alt wie damals und immer noch sehr sauber. Ich erinnere mich ganz genau an 2012, als ich dachte, wie altmodisch / rückständig sieht das denn hier aus – in völliger Unkenntnis dessen, was wir dann in den Folgejahren in der Welt alles so gesehen haben. Es ist gut, einen auf die Welt geeichten Maßstab zu haben.
Wir laufen am immer noch phänomenalen Sandstrand von NAZARE vorbei zur Bergbahn und fahren diesmal auf dem Fels hinauf – schließlich wollen wir trotz Wiederholung auch was neues sehen. 2012 war keine Zeit dazu – der ARC Starttermin drängte.
Das mit dem“was neues sehen“ wird gar nicht so einfach. Denn die logischen Etappen sind die gleiche, wie damals bei der Ausreise. Bis auf den englischen Kanal, da wollen wir auf der französischen Seite bleiben.
Weil wir am Montag (23/5/2016) eine lange Etappe von CASCAIS nach NAZARE auf uns genommen haben (66 Seemeilen), können wir den Dienstag im NAZARE verbringen. Wer jemals eine perfekte Welle fotografieren möchte, der muss sich hier wohl im Frühjahr oder Herbst auf die Lauer legen. Eine weltweit einmalige Unterwassergeologie sorgt für (angeblich) die höchsten Wellen in der Welt – jedenfalls für Surfer Von 22 Metern ist hier die Rede. Also zwei mal zehn Meter plus zwei!!!
Das Wetter treibt zur Weiterfahrt und wir gehen am Mittwoch (25/5) eine Etappe weiter, nach FIGUEIRA DA FOZ (36 Seemeilen). Es ist zwar Wind, mit 12 Knoten eigentlich sogar Segelwind, aber ein drei Meter Schwell bewegt das Boot so massiv, das die Segel immer wieder kollabieren. Dieser Schwell wird von einem Sturmtief weit draußen auf dem ATLANTIK verursacht, mit dem unsere Segelfreunde von VOYAGER auf ihrem Weg zu den AZOREN kämpfen.
Man erkennt: Alles ist miteinander verbunden. Alles hängt zusammen. Tatsächlich.
Bei uns läuft also die Unterwassergenua mit. Nun ist es an der portugiesischen Küste so, das nicht alle Häfen bei jeder Witterung geöffnet sind. Manchmal, z.B. bei starkem auflandigen Wind, werden die Hafeneinfahrten aus Sicherheitsgründen gesperrt. Darüber gibt diese Internetseite Auskunft (nach unten scrollen).
Allerdings läuft der riesige ATLANTIK Schwell nicht aus West oder West-Nord-West, wie vorhergesagt, sondern eher aus Süd-West, also genau in die Hafeneinfahrt hinein. Und so fragen wir uns, ob wir in (Achtung: Nicht in deutscher Aussprache lesen, in portugiesisch ist das Z ein SCH:) FIG DA FOZ (…was für ein Kracher) überhaupt einlaufen können. Unterwegs die Internetseite konsultiert und Erleichterung – die Flagge steht auf GELB was bedeutet, das Boote ab 11 Meter passieren dürfen.
Die Ansteuerung ist sehr spannend, 10 Meter Wasser unter uns, 3 Meter Wellenberge die sich so lang ziehen, das man im Wellental nichts mehr von Hafeneinfahrt, Molen oder Wellenbrechern sieht. Aber ich beobachte die Situation in der Hafeneinfahrt lange mit dem Fernglas und kann Heidi absolut beruhigen – keine Welle bricht in der Einfahrt, das wird schon klappen.
Es klappt auch. Da wir mit auflaufend Wasser einlaufen, haben wir auch kein Problem mit gegeneinander laufenden Strömungen und Wellen.
Die Marina ist sicherlich kein Muss, aber schauen wir mal, was sich den Tag über hier so ergibt. Wir sind mittlerweile vier Boote, die im Pulk gen Norden ziehen. Alle mit unterschiedlichen Zielen, aber der Weg bis LA CORUNA in Nordspanien ist für alle gleich. Und auch die zur Verfügung stehenden Wetterfenster.
Aus diesem Grund setzten wir schon wieder einen Tag aus. Die Welle soll zwar auf 2 Meter zurück gehen, der Wind aber unter 10 Knoten kommen. Bis nach PORTO sind es 65 Seemeilen und so einen langen Schlag wollen wir nicht bei elender Schaukelei unter Maschine absolvieren. Besser auf Morgen Warten. 1,5 Meter Welle und 15 Knoten Wind.
Hört sich doch gut an, oder?
Und wie es so läuft, wenn man durch Weglassen von Informationen Situationen beschönigen kann sieht man hier: Es wird regnen. Es wird regnen und regnen und regnen.
Kein Problem, denkt sich Heidi: Da packe ich meinen aus Zucker gebauten Skipper hübsch ins Ölzeug, stelle ihn an Deck und sitze derweil im gemütlichen Deckshaus und lese, stricke oder mache ein Nickerchen.
Peter.
P.S: In NAZARE findet Anfang August 2016 das „NAZARE BOATFESTIVAL“ statt – Gastboote sind ausdrücklich willkommen. Hier deren Website dazu.