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Zur Lage XVIV (Werftbericht)

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15.Juli 2014, CAIRNS, AUSTRALIA, Tag 2 nach dem spannenden Endspielsieg der Deutschen Fussballnationalmanschaft in RIO DE JANEIRO.

Day -1 vor unserem Start nach Norden – THURSDAY ISLAND liegt in der TORRES STRAIT ganz im Norden AUSTRALIENS und das ist unser nächstes großes Ziel . 550 Seemeilen to go, dort “müssen” wir am 27. Juli 2014 in Richtung SAUMLAKI aufbrechen, um im Rally-Programm zu bleiben. Weil aber es aber Probleme mit den INDONESIEN Visas gibt, sind fast alle Rally Boote noch hier…

In Anlehnung an Wolfgangs Bemerkung zu “APOLLOnia13 ex. STORMVOGEL” schreibe ich diesen Lagebericht unter lautstarker Mitwirkung von DAVID BOWIES SPACE ODDITY, allerdings in einer neuen Live-Version von den SMASHING PUMPKINS dargeboten (zu finden auf deren BLUE RAY “OCENANIA 3D IN NYC”). Heidi mag den “Krach” gar nicht…also über Kopfhörer – volle Granate Renate! (…ich muss mir endlich mal was von TORFROCK besorgen!)

Die Werft haben wir am vergangenen Freitag (11/07/2014) endlich verlassen. Noch Morgens war nicht klar, ob alles fertig werden würde, nun, auf den letzten Drücker kamen wir dann doch noch ins Wasser. Und bis jetzt ist alles tatsächlich dicht! ;-)

Hier nun also die Zusammenfassung von “what happend” und “how to fix”.

Zum besseren Verständnis und zur Orientierung hier eine technische Zeichnung der Schwingkiel-Mechanik.

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Unter Referenz der in der Zeichnung verwendeten Ziffern gehe ich im folgenden auf die Bauteile, deren Zustand und Beurteilung ein.

Die Ziffer 5 befindet sich STEUERBORD, entsprechend ist Ziffer 6 an BACKBORD.

Das Leck ist durch den Bruch von drei von vier Schrauben entstanden, die das Gehäuse für die Dichtungen (5) an den Kielkasten fixieren.

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In NEUSEELAND wurden diese Schrauben erneuert, weil wir neue (andere) Dichtungen in das Gehäuse (5) bekommen haben. Ferner wurde eine Kerbe für einen O-Ring und ein Schmiernippel eingeführt, um eventutell durch den Schaft (3) eindringendes Wasser draußen zu halten.

Die folgende Abbildung zeigt das alte Gehäuse (5), wir haben hier ein neues anfertigen lassen, weil das alte doch arg mitgenommen aussieht.

cairns_yard_0051
In der ersten Werftwoche (30/6-4/7/2014) wurde eigentlich “nur” repariert. Also erstmal den Zement raus (war am Montag Abend erledigt) und dann alles an der Steuerbordseite demontiert (Hebelarm, Hydraulikramme, Gehäuse). Das ging auch schnell, aber das Ausbohren der abgebrochen NIRO-Schrauben kostete einen Tag – und war nicht erfolgreich. In der Postion keine Chance einen Bohrer anzusetzten. Also haben wir uns für neue Löcher und Gewinde entscheiden müssen – zwei alte waren noch nutzbar, vier neue sind hinzu gekommen. Dann wurde das Gehäuse auf der Drehbank neu hergestellt und Freitags (4/7) wurde alles wieder montiert…die Werftarbeiter dachten schon, sie wären durch.

Zum Testen wurden der STORMVOGEL in den Portalkran gesetzt und angehoben. Alles funktioniert, aber der Schwenkkiel hat deutliches Spiel. Das war aber meiner Meinung nach schon immer so…

…allerdings, die Ursache für den Bruch der Schrauben konnte nicht lokalisiert werden.

Sehr, sehr unbefriedigend.

Motiviert durch Robbie (Skipper SOUTHERN STAR) habe ich die Arbeiten nicht für beendet erklärt, sondern darum gebeten, das die ganze Anlage demontiert wird. Das löste nicht wirkliche Freude aus…auch bei uns nicht.

In der folgenden Woche also vollständige Demontage des Schwenkkiels.

Beim öffnen der Verschlusskappe (6) an der Backbordseite fällt sofort auf, das beide große Muttern auf der Achse lose sind. Das sollen sie wohl nicht sein! Die beiden sorgen dafür, das die konische Achse in Position bleibt und nicht nach Steuerbord heraus rutschen kann. Das könnte sie selbst auch ohne Muttern nicht, dazu müsste die Hydraulikramme wohl auch abgefallen sein…nun, diese eine Schraube, die den Heben an der Achse fixiert, war ja aus irgend einem Grund auch locker…

Nun denn. Lose Muttern.

Wie erwartet war der Ausbau der Achse sehr schwierig. Hydraulikpresse, Wagenheber und jede Menge Muskelkraft haben nach einem Tag Erfolg gezeigt.

Das folgende Bild zeigt die Achse direkt nach dem Ausbau.

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Eigentlich wird die Kraft von der Achse auf den Schwingkiel durch die konische Achse übertragen. Der Metallkeil dient nur zur Fixierung der Orientierung…und eben dieser Keil, der eigentlich gar keine Kraft tragen soll, ist abgenutzt, verschleißt.

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Ursache unklar, kann eigentlich nur vertikale (auf und ab) Bewegungen des Schwingkiels erfolgen. Hätten wir die nicht hören müssen?

Nächste spannende Frage war, wie die DELDRIN Lager aussehen. DELDRIN ist ein PVC Kunststoff, der oft als Gleitlager in komplizierten Umgebungen zum Einsatz kommt. In der Skizze sind die Lager mit (1) und (2) markiert. (1) ist größer als (2), weil die Achse an Steuerbord dicker als an Backbord ist.

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Beide Lager sehen wie neu aus – leicht verschmutzt, aber keine Deformierung oder Dellen erkennbar, die durch eine ungewollte horizontale Bewegung der Achse hätte sichtbar sein müssen.

Auf dem nachfolgenden Bild sieht man das Lager im eingebauten Zustand an der Steuerbordseite.

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Und die gleiche Stelle ohne das Lager:

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Auf Backbbord ist das Lager genauso konstruiert:

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Merkwürdig ist, das in NEUSSEELAND auf der Steuerbordseite ein Lagerspiel von 0.1mm gemessen wurde, in AUSTRALIEN 0.4mm. Was auf den ersten Blick eindeutig aussieht, ist es nicht. Nach Rücksprache mit der Werft in den NIEDERLANDEN soll das Spiel 0.4mm betragen, damit alles sich schön geschmeidig bewegen kann.

Ein ungewollt großes Lagerspiel wäre eine gute Erklärung für den Bruch der Schrauben: Der Achsendurchmesser (3) an Steuerbord ist ca. 1mm kleiner als der Innendurchmesser des Gehäuses (5). Nur so kann ein O-Ring als Dichtung seine Wirkung entfalten. Wenn also die Achse sich horizontal verdreht, könnte sie über den O-Ring das Gehäuse (5) berühren und so immer wieder unter Druck/Streß setzten, das die Bolzen irgendwann brechen.

Aber wieso gerade jetzt, nach dem die Bolzen in NZ erneuert wurden?

Ist der neu eingeführte O-Ring die Erklärung? Vorher war der eine Millimeter ja “Luft”, jetzt wird permanent Kraft übertragen (?).

Nun denn. Nach Rücksprache mit der Werft in den NIEDERLANDEN haben wir uns neue Lager bauen lassen – diesmal aus ERTALYTE. Dieser Kunstsoff hat ähnliche Eigenschaften wie Bronze und ist etwas härter als DELDRIN – wird ebenfalls oft als Gleitlager eingesetzt.
Ferner haben wir die 6 (auf jeder Seite 3) Abstandshalter aus DELDRIN etwas dicker gemacht, da die offenbar nie den Kielkasten von innen berührt haben – die Oberflächen sahen “unbenutzt” aus. Diese Abstandshalter sollen die Bewegungen des Schwingkiels veringern und so die Achse entlasten.

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Ausserdem haben wir uns einen neuen Metallkeil (hier KEYWAY genannt) bauen lassen und beide Seiten (auf der Achse und im Schwenkkiel) exakt ausarbeiten lassen. Nun hat dieses Bauteil gar kein Spiel mehr – ganz  so, wie es sein soll. Damit die “Kerbe” im Schwenkkiel nachgefräßt werden konnte, musste die Werft erst mal ein Werkzeug bauen, das hat uns den halben Mittwoch und den ganzen Donnerstag gekostet…

Das schwierige an der Montage am Freitag war das Einbringen des Schwenkkiels in den Kielkasten. Das Teil wiegt zwar nur etwa 200 kg (es ist hohl, gewollt ist nur zusätzliche Fläche unter Wasser, kein Gewicht) ist aber doch unhandlich. Als dann auch endlich die Achse wieder drin war, so gegen 13:00 Uhr, war klar, das wir endlich wieder zu Wasser kommen. Im Kran dann die Endkontrolle – Kiel ganz rein, Kiel ganz raus. Nach unserer Einschätzung müssen wir nun mit mehr Kraft die manuelle Hydraulikpumpe bewegen – alles ist strammer und fester. Im Moment hat der Schwenkkiel kein Spiel, wenn man an der Unterkante kräftig reißt, bewegt sich gar nichts. Das ist gut, wenn es nur nicht zu stramm ist und die Hydraulik nichts kaputt reißt.

Das wird wohl aber erst die Zukunft zeigen. Die Wertarbeiter sind froh’, das wir weg sind. Der Job war war echt anstrengend…

Wir sind froh’, das wir wieder im Wasser sind und das alles trocken ist.

Wir werden richtig glücklich sein, wenn wir bis SINGAPORE damit keinen Stress mehr haben…vorerst wird die Sorge um ein erneutes Leck am Schwenkkiel immer mit fahren. Aber wir haben uns technisch ausgerüstet. Eine große mobile Bilgenpumpe, fertig mit Schlauch und Anschlusskabel, beides 10 Meter. Damit erreichen wir alle Stellen im Boot. Ferner noch eine zusätzliche ebenfalls “ready-to-use” kleine mobile Pumpe.
Ein Bilgenalarm für die Schwenkkiel-Bilge ist bereits in Arbeit, die elektrische Installation ist aber etwas aufwendig…

Eine echte, unanfechtbare Aussage “daran lag es” werden wir wohl nicht bekommen. Die Versicherung der Werft in NEUSEELAND hat einen Gutachter eingeschaltet – netter Typ, aber der wird natürlich noch eine andere Sicht auf die Dinge haben. So oder so, wir werden versuchen, ein Teil des hier ausgegebenen Geldes aus NZ wieder zu bekommen. Denn selbst wenn der Schaden schon vorher “im Entstehen” gewesen wäre, er hätte in NZ auffallen müssen.

Soweit also der Werftbericht aus CAIRNS, dem vermutlich letzten Ort für längere Zeit mit vernünftigen Internet…daher die vielen “schönen” Bilder ;-)

Jetzt fängt erst mal die schöne Segelzeit an. Segeln innerhalb des GREAT BARRIER REEF: Guten Wind, keine Welle, tolle Landschaft!

(…ist uns jedenfalls versprochen worden!) ;-)

Peter.

P.S.: Jetzt kommen erst mal wieder schöne Reiseberichte – und schöne Bilder. Ich bin sicher.

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